Digitale Assets in der Insolvenz: Rechte, Pflichten, Potenziale

Digitale Assets in der Insolvenz: Rechte, Pflichten, Potenziale

Digitale Vermögenswerte wie Softwarelizenzen, digitale Plattformkonten, Datenbanken oder gespeicherte Inhalte spielen in Unternehmen eine zunehmend wichtige Rolle. Doch was passiert mit diesen sogenannten "digitalen Assets", wenn ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird?


06/05/2025     Auktionen, Insolvenz

 

Der folgende Beitrag bietet einen praxisnahen Überblick für Unternehmer, Gläubiger, Insolvenzverwalter und Berater.

Was sind digitale Assets überhaupt?

Zu den digitalen Assets zählen alle immateriellen Vermögenswerte, die elektronisch gespeichert, genutzt oder gehandelt werden können. Beispiele:

  • Softwarelizenzen (z. B. CAD, ERP, Office)
  • Digitale Plattformkonten (z. B. Amazon Seller, SaaS-Accounts)
  • Datenbanken mit Kunden- oder Produktionsdaten
  • Domains und Webseiten
  • E-Books, Mediendatenbanken oder Content-Rechte

Diese Assets besitzen in vielen Unternehmen erheblichen wirtschaftlichen Wert. Entsprechend wichtig ist eine klare insolvenzrechtliche Einordnung.

Welche digitalen Vermögenswerte gehören zur Insolvenzmasse?

Grundsätzlich gilt: Alle verwertbaren digitalen Assets, die dem Schuldner zuzurechnen sind, gehören zur Insolvenzmasse. Dazu zählen insbesondere:

  • Softwarelizenzen, sofern sie übertragbar sind
  • Kunden-Accounts, wenn sie wirtschaftlich nutzbar sind
  • Nutzungsrechte an digitalen Inhalten, z. B. E-Learning-Produkten
  • Domains, sofern ein wirtschaftlicher Wert besteht

Nicht zur Insolvenzmasse gehören dagegen persönlich gebundene Rechte oder unübertragbare Lizenzen.

Wer hat Zugriff auf digitale Assets?

Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, das gesamte Vermögen des Schuldners zu sichern, zu verwerten und zu verteilen. Dazu gehören auch digitale Assets, sofern:

  • der Zugriff technisch möglich ist (z. B. Passwörter, Zugangsdaten vorhanden)
  • keine Drittrechte bestehen (z. B. Aussonderungsrecht, Leasing)
  • der Schuldner rechtlich als Inhaber gilt

Wichtig: Wer Assets auf Plattformen verwahrt, muss oft mit der Herausgabe kooperieren, um Verwertung zu ermöglichen. Das gilt auch für Konten bei Kryptobörsen – mehr dazu im separaten Artikel zu Kryptowährungen.

Rechte Dritter: Wann ist Aussonderung möglich?

Gläubiger oder Kunden, die nicht der Schuldner, sondern wirtschaftlich Berechtigte eines digitalen Assets sind, können ein Aussonderungsrecht geltend machen.

Das ist möglich, wenn:

  • das Asset bestimmt oder bestimmbar dem Dritten zugeordnet werden kann
  • es sich um einen dinglichen Anspruch handelt (z. B. Eigentum)
  • technische Zugangsdaten (Passwort, Private-Key etc.) vorliegen

Beispiel: Ein Kunde hat Daten oder Software auf einem SaaS-Konto gespeichert, das auf seinen Namen läuft. In diesem Fall kann er unter Berufung auf § 47 InsO eine Aussonderung verlangen.

Was tun bei fehlendem Zugang oder Passwörtern?

Ein zunehmendes Problem in der Praxis: Der Insolvenzverwalter hat keinen Zugriff auf die digitalen Assets, da Zugangsdaten fehlen oder der Schuldner nicht kooperiert.

Empfohlene Schritte:

  • Dokumentation aller bekannten digitalen Vermögenswerte
  • technische Sicherung vorhandener Systeme (z. B. Server-Images)
  • gerichtliche Durchsetzung der Herausgabepflicht durch den Schuldner

Hinweis: Der Schuldner ist verpflichtet, alle Vermögenswerte offenzulegen. Verweigert er die Herausgabe von Passwörtern oder Private-Keys, kann das strafrechtliche Folgen haben.

Wie lassen sich digitale Assets rechtssicher verwerten?

Die wirtschaftliche Verwertung digitaler Assets erfordert Erfahrung. Mögliche Verwertungswege:

  • Einzelverkauf von Softwarelizenzen, Domains oder Datenbanken
  • Verwertung im Paket bei Markenauftritt, Plattformen oder Systemlandschaften
  • Versteigerung im Rahmen einer Industrieauktion

Achtung: Lizenzen sind oft an bestimmte Verträge, Hardware oder Nutzer gebunden. Hier ist die Prüfung der Übertragbarkeit zentral.

Spezialfall: Insolvenz des digitalen Verwahrers

Doch was passiert bei der Insolvenz eines Plattformbetreibers, SaaS-Dienstleisters oder Hosting-Partners?

Für Kunden solcher Anbieter gelten eigene Risiken:

  • Datenverlust bei mangelnder Sicherung
  • Verlust der Nutzungsrechte bei abgeschalteten Diensten
  • Kein Zugriff auf laufende Verträge oder Zahlungssysteme

Empfehlung: Unternehmen sollten regelmäßig einen "Insolvenz-Check" ihrer digitalen Infrastruktur durchführen und kritisch prüfen:

  • Wer ist Inhaber und Vertragspartner der Assets?
  • Gibt es lokale Backups oder Exportfunktionen?
  • Sind kritische Zugänge mehrfach abgesichert (z. B. 2FA)?

Fazit: Digitale Assets brauchen klare Verantwortlichkeiten

Digitale Vermögenswerte sind aus der Unternehmenspraxis nicht mehr wegzudenken. Doch im Insolvenzfall wird oft deutlich, wie unklar Verantwortlichkeiten, Besitzverhältnisse und technische Zugriffsmöglichkeiten geregelt sind.

Unsere Empfehlung:

  • Frühzeitige Dokumentation und Bewertung digitaler Assets
  • Rechtssichere Vertragsgestaltung (z. B. Übertragbarkeit, Sicherung)
  • Zusammenarbeit mit Sachverständigen bei Bewertung und Verwertung

Wer seine digitalen Werte strukturiert verwaltet, erhöht nicht nur den Verwertungserlös im Ernstfall, sondern reduziert auch rechtliche Risiken.