Auch im Fall zahlungsunfähiger Unternehmen spielt ESG eine Rolle. Insolvenzverwalter und Gläubiger prüfen ESG-Aspekte, wenn es um Verwertung von Vermögenswerten geht – Maschinen, Immobilien oder Beteiligungen. Energieeffiziente Anlagen etwa erzielen bessere Preise, weil Betriebskosten und Anpassungsaufwand nachweislich geringer sind.
23/09/2025 Auktionen, Gutachten
In der Unternehmensbewertung und Finanzierung zählt 2025 nicht mehr nur, wie gut die Bilanz aussieht – sondern wie nachhaltig das Geschäftsmodell ist. ESG (Environment, Social, Governance) ist längst kein Trend mehr, sondern gegen einen Paradigmenwechsel in Recht, Kapitalmärkten und Insolvenzverfahren. Unternehmen, die ESG ernsthaft leben und dokumentieren, haben in vieler Hinsicht Vorteile. Wer das versäumt, riskiert, bei Wert und Finanzierung stark benachteiligt zu werden.
ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Seit der Einführung der EU-Taxonomie-Verordnung und der neuen Nachhaltigkeitsberichtspflicht durch die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) stehen klare Regeln und Pflichten im Raum.
Die CSRD erweitert den Kreis der Unternehmen, die ESG-Berichte erstellen müssen, deutlich. Große Unternehmen, börsennotierte Gesellschaften und öffentliche Interessenträger mit mehr als 500 Mitarbeitenden sind bereits ab dem Geschäftsjahr 2024/2025 betroffen.
Wichtig: Es gilt das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit. Das heißt, Unternehmen müssen nicht nur offenlegen, wie ESG-Faktoren sie selbst beeinflussen (Risiken und Kosten), sondern auch, wie sie Umwelt und Gesellschaft beeinflussen.
Studien zeigen: Mittelständische Unternehmen erkennen zunehmend, dass ESG-Berichterstattung nicht nur Kosten bringt – sondern handfeste Vorteile. Laut einer aktuellen Studie befürworten etwa 62 %** des deutschen Mittelstands freiwillige Nachhaltigkeitsberichte, als wichtigste Motive gelten Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen (65 %), gefolgt von Reputation und Kundenzugang.
Bei institutionellen Investoren ist die ESG-Performance bereits oft entscheidend. In über **60 % der untersuchten Studien** korreliert gute ESG-Performance mit besseren finanziellen Ergebnissen; das Risiko von Umsatz-, Reputations- oder Rückrufproblemen sinkt.
Weitere Vorteile: Zugang zu günstigeren Krediten. Unternehmen, die Taxonomie-Konformität und CSRD-Reporting nachweisen, erhalten von Banken und Investoren bessere Konditionen – etwa niedrigere Zinsen, größere Kreditlinien und weniger strikte Sicherheiten.
Die Umstellung auf vollständige ESG-Berichterstattung erfordert Aufwand. In einer Studie wird darauf hingewiesen, dass viele mittelständische Unternehmen noch keine klaren Prozesse oder Verantwortlichkeiten für ESG-Datenmanagement haben. Wer hier erst spät beginnt, sieht sich mit hohen Anfangskosten und Nacharbeiten konfrontiert.
Ein weiteres Risiko: Fehler in der Berichterstattung oder fehlende Daten. Diese können zu regulatorischen Sanktionen führen – etwa Bußgeldern unter der DSGVO oder Problemen bei der Prüfbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten. Zudem leidet das Vertrauen von Investoren, Geschäftspartnern und Kunden.
Traditionelle Bewertungsmethoden wie Substanzwert, Ertragswert und Multiples bleiben relevant. Aber ESG-Kriterien beeinflussen zunehmend die Gewichtung dieser Methoden bei Käufern, Investoren und Kreditgebern. Im Verkauf oder bei Übernahmen wirkt ESG als zusätzlicher Wertfaktor – dokumentiert ESG-daten sind oft ein Plus bei Transaktionen.
Beispielhaft: Wenn ein Unternehmen umfassende ESG-Berichte vorlegt, lässt sich oft ein höherer Multiples auf EBIT oder EBITDA erzielen, weil Risiken minimierter erscheinen und Zukunftsfähigkeit besser eingeschätzt werden kann. Fehlt diese Transparenz, sinkt das Vertrauen und damit oft auch der Unternehmenswert erheblich.
Darüber hinaus beeinflusst ESG, wie Sanierungsoptionen bewertet werden. Ein Betrieb, der beispielsweise gute Lieferkettenstandards oder transparente Governance nachweisen kann, wird für potenzielle Investoren oder Übernehmer attraktiver. Das erleichtert Zugang zu Kapital für Sanierungsmaßnahmen oder erleichtert außerinsolvenzliche Lösungen.
1. Bestandsaufnahme & Lückenanalyse: Starten Sie mit einer ehrlichen IST-Analyse. Welche Daten sind vorhanden? Wo fehlen Nachweise? Welche Prozesse sind heute schon nachhaltig, aber nicht dokumentiert?
2. Verantwortlichkeiten & Datenmanagement etablieren: Bestimmen Sie wer für ESG-Daten zuständig ist, sorgen Sie für saubere Erhebung, konsistente Messgrößen und regelmäßige Updates.
3. Berichtspflicht und Standardnormen verstehen: CSRD, EU-Taxonomie, ESRS sind keine Abstrakte Theorie. Setzen Sie rechtzeitig technische und organisatorische Strukturen auf, um Berichte und Offenlegungen ab 2024/2025 rechtskonform bereitzustellen.
4. ESG-Sicherheit und Risikoanalyse: Welche Auswirkungen haben zukünftig sich verschärfende Umweltvorschriften, Lieferkettenprobleme oder Energieknappheit? Führen Sie Szenarien durch, schätzen Sie Risiken & Chancen ab.
5. ESG in Bewertung & Finanzierung einbeziehen: Wenn Sie Finanzierungsverhandlungen führen oder über Verkauf sprechen, legen Sie ESG-Nachweise offen – das schafft Vertrauen und kann bessere Bedingungen ermöglichen.
ESG ist nicht mehr das „schöne Etwas“ – es ist eine betriebswirtschaftliche Realität, die Werte schafft, Risiken senkt und Struktur in Bewertung und Finanzierung bringt. Ein Unternehmen, das ESG ignoriert oder halbherzig umsetzt, riskiert, bei Investoren-, Kreditgeber- und Marktanforderungen ins Hintertreffen zu geraten. Außerdem sinken die Chancen bei Sanierung oder Insolvenz, wenn Nachhaltigkeitskriterien fehlen.
Wer jedoch früh handelt – mit klarer Zuständigkeit, guter Dokumentation und Offenheit – sichert nicht nur Compliance, sondern echten Mehrwert: in Verhandlungen, bei Verkäufen, im Rating und im Markt. ESG kann der Unterschied sein zwischen einem Unternehmen, das nur überlebt, und einem, das gestärkt hervorgeht.